Unbekannte vergiften in der Oberpfalz streng geschützte Vogelarten

Rotmilan, Mäusebussard, Uhu, Seeadler: Drei bestätigte und zwei Verdachtsfälle in den Landkreisen Regensburg und Amberg-Sulzbach

Innerhalb kurzer Zeit sind im Regierungsbezirk Oberpfalz mehrere nachweislich vergiftete Greifvögel aufgefunden worden. Im Landkreis Amberg-Sulzbach starb nahe Hahnbach ein Seeadler am Rattengift Brodifacoum. Das bestätigten die seit kurzem vorliegenden Befunde der toxikologischen Untersuchungen der LMU in München.  Ein Rotmilan und ein Mäusebussard im Raum Kallmünz (Lkr. Regenburg) verendeten nach einer Vergiftung mit dem illegalen Kontaktgift Carbofuran.

© LBV Bildachriv
Der Seeadler brütet an wenigen Plätzen in Bayern, darunter in der Oberpfalz. Dort verendete nun einer der Greifvögel, weil er in Kontakt mit Rattengift kam.

Über diese drei Fälle hinaus wurden der LBV und Gregor Lousioder Umweltstiftung über den Fund von zwei weiteren toten Greifvögeln im Landkreis Regensburg informiert. Der Uhu sowie ein weiterer Rotmilan werden momentan noch auf mögliche Vergiftungen untersucht.

 

© Thomas Aumer
Die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung eines toten Rotmilans aus der Region Eilsbrunn stehen noch aus.

Dass Greifvögel, wie in den beiden jüngst bestätigten Fällen ein Rotmilan und ein Mäusebussard im Raum Kallmünz (Lkr. Regensburg), mit dem illegalen Insektizid Carbofuran vergiftet werden, ist leider keine Seltenheit. „Es ist eine Straftat streng geschützte Arten illegal zu töten. Wir setzen uns deshalb intensiv dafür ein, dass diese verfolgt werden und bringen jeden Fall zur Anzeige“, erklärt Ferdinand Baer, der Leiter der LBV-Vogelstation Regenstauf. Das nachgewiesene Kontaktgift ist hochtoxisch und in der EU seit 2007 verboten. Es wirkt bereits bei Hautkontakt und stellt deshalb auch für Kinder und Hunde eine enorme Gefahr dar.

Den toten Uhu fanden Spaziergänger ebenfalls bei Kallmünz, den weiteren Rotmilan 20 Kilometer weiter südlich, in der Region Eilsbrunn. Ob die beiden Funde in Zusammenhang mit den Vergiftungsfällen bei Kallmünz stehen, ist unklar. Da beide Vögel keine äußeren Verletzungen aufweisen, vermuten LBV und GLUS, dass auch diese beiden Tiere an einer Vergiftung gestorben sein könnten. Bis die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung eintreffen, wird es aber noch eine Weile dauern. Eine sichere Aussage über die Todesursache ist erst dann möglich.

Seeadler im Landkreis Amberg-Sulzbach stirb an Rattengift

Auch aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach erreichten den LBV und die GLUS darüber hinaus ein schockierender Fall. Dort zeigen die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung eines Seeadlers, dass dieser mit dem Rattengift Brodifacoum in Kontakt gekommen war und wohl infolgedessen starb. Ein Jäger hatte das Adlerweibchen, das bei Hahnbach seit mehreren Jahren mit ihrem Partner brütete, Anfang März tot aufgefunden. In der Gegend um den Brutort der Seeadler wird kommerzielle Teichwirtschaft betrieben. Auch der Fischotter, der immer wieder im Zentrum von Konflikten zwischen Naturschutz und Fischereiwirtschaft steht, lebt dort. LBV und GLUS halten es für wahrscheinlich, dass das Gift eigentlich nicht dem Seeadler, sondern einem anderen Tier galt. Ob der Seeadler den Giftköder selbst fraß oder ein Tier erbeutete, welches das Gift vorher aufgenommen hatte, ist nicht mehr nachzuvollziehen.

Brodifacoum ist hochgiftig und darf offiziell nur noch an Personen verkauft werden, die nachweisen können, dass sie eine Schulung zum Umgang damit besucht haben. Doch auch wer einen solchen Nachweis besitzt macht sich strafbar, wenn er mit dem Gift geschützte Arten tötet. „Unsere Erfahrungen mit Rattengift bestätigen in diesem aktuellen Fall erneut, dass – selbst bei sachgemäßer Anwendung – streng geschützte Wildtiere durch Sekundärvergiftungen getötet werden. Daher ist ein generelles Verbot von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Nagetieren mit gerinnungshemmenden Wirkstoffen längst überfällig und der einzig richtige Weg, um seltene heimische Arten – wie auch Haustiere – vor dieser vermeidbaren Gefahr zu schützen“, so die GLUS-Naturschutzreferentin Franziska Baur.

Die Aufklärung illegaler Tötungen von Wildtieren ist schwierig, deshalb hoffen LBV und die Gregor Louisoder Umweltstiftung auf Hinweise aus der Bevölkerung. „Spaziergänger, die einen toten Greifvogel, oder Säugetiere wie Biber und Fischotter oder Fleischreste, Eier oder Geflügelteile auf einer Wiese oder im Feld finden, sollten dies umgehend der Polizei und zusätzlich online unter www.tatort-natur.de melden“, erklärt Franziska Baur.

Gemeinsames Projekt: „Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“

Ein Großteil der Fälle von Naturschutzkriminalität bleibt ungeklärt und für die Täter folgenlos, was sich dringend ändern muss. LBV und GLUS starten deshalb 2019 das gemeinsame Projekt „Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“. In einer bayernweiten Datenbank sollen alle (Verdachts-)Fälle von Naturschutzkriminalität gespeichert werden. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden und die Öffentlichkeit soll die Datenbank fachliche Unterstützung bieten und als Melde- und Informationsplattform dienen. Mit ihrer Hilfe soll außerdem die langfristige Weiterverfolgung einzelner Fälle sichergestellt werden. Mit dem Projekt soll auch die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und Fortbildungsangebote bereitgestellt werden. Projektleiter und Ansprechpartner sind die Biologen Franziska Baur (GLUS) und Dr. Andreas von Lindeiner (LBV). Die Dokumentation von Fällen illegaler Verfolgung von Vögeln durch den LBV wird seit 2021 durch das Bayerische Landesamt für Umwelt mit Mitteln des Umweltministeriums finanziert.

Mehr Infos zum Thema „Naturschutzkriminalität“, Kurzfilme und eine Checkliste zum richtigen Verhalten bei einem Totfund mit Verdacht auf illegale Tötung können auf der Seite www.tatort-natur.de heruntergeladen werden. Dort können auch Fälle oder Verdachtsfälle von Naturschutzkriminalität gemeldet werden.

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